Über uns

 

Die Villa Merkel selbst sieht ihre kuratorische Aufgabe in einer zweifachen Scharnierfunktion. Sie entdeckt, verstärkt und vermittelt an das Publikum, einerseits. Anderseits agiert sie gegenüber Künstlerinnen und Künstlern als kompetente Zuspielpartnerin, denn eines ihrer programmatischen Ziele ist, Neues auf den Weg zu bringen und in die künstlerische Produktion selbst zu investieren. Es entspricht dem Selbstverständnis der Villa Merkel, jüngere Positionen der internationalen Gegenwartskunst zu präsentieren und zu diskutieren. 

Kunst macht Welt sichtbar. Sie ist Ergebnis der Ausprägung individueller Haltungen, basiert auf Freiwilligkeit, ist dem Wesen nach spielerisch und folgt einem offenen Denken. Kunst entsteht nicht im kontextfreien Raum. Sie reflektiert gesellschaftliche und politische Verhältnisse sowie die historischen und kunsthistorischen Voraussetzungen.

Das künstlerische Denken und die künstlerischen Sprachen kennen produktive Umwege, sind nicht in erster Linie linear oder gar nutzungsorientiert, favorisieren das produktive Crossover zwischen den Gattungen und Disziplinen und öffnen Optionen, die gesellschaftlich relevanten Fragestellungen aus sehr eigenständigen Blickwinkeln und Perspektiven zu beleuchten.

Die monografischen und thematischen Ausstellungen der Villa Merkel sind inhaltlich als lose miteinander verknüpfte, einander durchaus kommentierende Projektreihen konzipiert. Einige unserer Fragen lauteten: „Wie entwerfen wir heute ein Bild von Natur?“ oder „Wie tragfähig erscheinen alternative Lebensentwürfe und Utopien insbesondere auch in der Perspektive des historischen Abstands?“ oder „Welchen Stellenwert hat die Information durch Bilder in einer mehr und mehr anthropomorph überformten Welt?“


 

 

Die Villa Merkel

 

Die Villa Merkel wird 1872/73 nach Entwürfen des Stuttgarter Architekten Otto Tafel für den Unternehmer Oskar Merkel errichtet. Seit 1973 wird das Gebäude als Galerie der Stadt Esslingen am Neckar genutzt. Gezeigt werden in wechselnden monografischen sowie thematischen Ausstellungen Positionen jüngerer, internationaler Gegenwartskunst.

Oskar Merkel steht stellvertretend für einen Personenkreis, der während des 19. Jahrhunderts „zu den tonangebenden Männern des Gemeindewesens & gesellschaftlichen Lebens der Stadt aufstieg" (J. Fekete, in der Broschüre "Die Villa Merkel in Esslingen"). Die Firma Merkel & Kienlin (vor 1891 Merkel & Wolf) zählt mit dem renommierten Produkt "Esslinger Wolle" bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zu den bedeutenden Vertretern württembergischer Textilindustrie.

Entsprechend der für die Gründerzeit symptomatischen Tendenz, aus der Enge der Stadt ins Grüne zu ziehen, lässt Oskar Merkel sein Wohnhaus im Stil der Neurenaissance neben der bereits bestehenden Bahnlinie in einem Landschaftsgarten errichten. 

Zugleich weist er sich mit der Standortwahl in unmittelbarer Nachbarschaft zur pulsierenden Verkehrsader als fortschrittlich orientiert und aufgeschlossen aus. 

Gleiches gilt auch bezüglich der Materialwahl: nicht nur die Bauzier, sondern im Wesentlichen das ganze Gebäude besteht aus „Portland-Cement“ und ist damit ein herausragendes bautechnisch experimentelles Beispiel früher Wohnhäuser aus Beton.

Der Eingang der Villa Merkel liegt auf der Nordseite und ist der Bahn aber auch der Stadt zugewandt. Der eingestellte Portikus schafft eine stimmige Verbindung zwischen Innen- und Außenraum.

Die dem Park und dem Neckar zugewandte Südseite besitzt einen Standerker. Auf der Westseite ergänzt ein zweigeschossiger, oben teils verglaster Wintergarten das Hauptgebäude.

Ebenfalls über zwei Geschosse erstreckt sich die mit einem stark ornamentalen Boden versehene Eingangshalle, die über eine umlaufende Galerie im ersten Stock verfügt. Sie ist durch ein Glasdach gedeckt, durch das Tageslicht einfällt. Die Säulen der Halle und ihrer Galerie sind der ionischen und korinthischen Ordnung nachempfunden.